In meinem 2017 mit dem Master of Arts abgeschlossenen Studium der Fächer Sprache & Variation und Anglistik/Nordamerikanistik verfestigte sich mein Wunsch, die psychologischen Aspekte der menschlichen Sprache und ihrer Störungen, samt möglichem Zusammenhang zu psychischen Traumata, genauer zu erforschen. Deshalb entschied ich mich vor meinem Psychologiestudium gezielt für einen Bundesfreiwilligendienst in einer Einrichtung, die sich für Menschen mit psychischer und geistiger Beeinträchtigung und ihr Recht auf Selbstbestimmung einsetzt. Seit Februar 2017 arbeite ich in der Eutiner Werkstatt für angepasste Arbeit mit Menschen, die an verschiedensten psychischen Erkrankungen und/oder intellektueller Behinderung mit teils einschneidenden Sprach- und Sprechstörungen leiden.
In der Eutiner Werkstatt gibt es eine Vielzahl an Arbeitsgruppen mit jeweils eigens angepassten Leistungsangeboten für die Mitarbeitenden: von Montagearbeiten über Garten- und Landschaftsbau, Küche, Verpackung und Logistik ist alles dabei. Da mein Zweitstudium im Oktober beginnt, beläuft sich die Dauer meines Bundesfreiwilligendienstes auf sieben Monate. Die ersten dreieinhalb Monate verbrachte ich in einer Arbeitsgruppe, die sich überwiegend mit der (Um-)Verpackung von Glückwunschkarten und der Sortierung und Zusammensetzung von Gebrauchsartikeln beschäftigt. Schon jetzt bin ich tief beeindruckt von der Motivation der Mitarbeiter/-innen bereits frühmorgens gut gelaunt und voller Elan selbstständig an die Arbeit zu gehen. Wir haben in den Monaten immer viel gelacht, die Stimmung war durchweg gut und herzlich und erste Berührungsängste (auf beiden Seiten) wurden schnell abgelegt. Diese angenehme Zeit voller lehrreicher Stunden, Achtung und Wertschätzung werde ich gewiss nie vergessen.
Während des BFD/FSJ erhält man zudem die Möglichkeit, verschiedene Bereiche des Unternehmens kennenzulernen und offen seine Interessen für ein spezielles (Arbeits-)gebiet zu äußern. Zurzeit verbringe ich daher zwei Monate in der Tagesförderstätte und erlebe nun nochmal eine ganz andere Seite der Werkstatt, denn hier geht es um den fürsorglichen und förderlichen Umgang mit Menschen, die aufgrund ihrer Beeinträchtigungen nicht bzw. noch nicht in der Lage sind, in der Werkstatt zu arbeiten. Der Aufenthalt in diesem Abschnitt der Werkstatt ermöglicht mir nun andersartige, spannende Einblicke in verschiedene Fördertechniken und Therapieverfahren (u.a. Musiktherapie, Logopädie), während ich mich bemühe, die Begleiter/-innen bei den festen Bestandteilen des Tagesablaufs, wie gemeinsame Mahlzeiten, Zähneputzen sowie in der Küche, zu unterstützen.
Ich bin schon jetzt sehr gespannt darauf, was mein dritter Wechsel Ende Juli an neuen Erfahrungen und sozialen Kontakten mit sich bringt.
Jedem, der in diesem Bereich seine berufliche Zukunft sieht, kann ich einen BFD/FSJ in dieser Einrichtung nur ans Herz legen. Mögliche Berührungsängste sind mit Sicherheit schnell verflogen. So erhält man die Möglichkeit, lehrreiche und wertvolle Erfahrungen mit Betroffenen und deren Angehörigen vor dem Studium oder der Ausbildung zu sammeln.
Mir persönlich hat die Arbeit in der Werkstatt viel gebracht und ich freue mich schon jetzt auf mein Psychologiestudium.